Leserbriefe |
Samstag, 13.10.2001 | Drucken |
Leserbriefe
"Stefan B." schrieb:
Antwort auf den Leserbrief von Ana
Hallo Ana,
ich kann deine Enttäuschung über den Leserbrief von Jaira nachvollziehen.
Erschreckt bin ich jedoch über rassistischen Verallgemeinerungen. Gerade diese
Einstellung sorgt doch dafür, dass es soviel unnötige Konflikte zwischen
Angehörigen verschiedener Kulturen, Religionen, Nationen, rassen etc. gibt.
Ich habe auch Verständnis für Frauen, die aus Überzeugung ein Kopftuch o.ä.
tragen, und halte es für intolerant, wenn Frauen, die selbst kein Kopftuch
tragen, sich dadurch beleidigt fühlen. Aber andererseits gibt es religiöse
Gruppen, die ihre sehr strengen Vorstellungen allen aufzwingen und sehr strenge
Bestrafungen für Andersdenkende haben. Diese Problematik, die sich sicherlich
nicht in ein paar Worten abhandeln lässt, darfst du auch nicht übersehen.
Du schreibst: "Aber mit der Toleranz ist es nun mal so eine Sache: Es
scheint dass die Menschen in Deutschland eine Toleranz für sich fordern die sie
anderen nicht zugestehen möchten."
"Die Menschen in Deutschland", von denen du sprichst, gibt es nicht. Es gibt
verschiedene Menschen mit verschiedenen Meinungen, aber es gibt nicht "die
Deutschen", "die Muslims", die "alle gleich sind", wie du in deinem Brief
mehrfach zu unterstellen versuchst.
Du schreibst: "Wobei es leider viel Selbstbewustsein braucht um in einem
Land wie in Deutschland "anders" zu sein."
Wenn du nicht wieder "wie in Deutschland" geschrieben hättest, wärest du der
Wahrheit viel näher gekommen.
Du schreibst: "Ich weiss nicht ob es der westlichen Frau wirklich so gut
geht, denn welche Erungenschaft ist es denn die "Freiheit" zu haben von Bett zu
Bett zu springen, kaum Kontakt mit seiner Familie zu pflegen und dem Egoismus
zu fröhnen."
Das ist deine Einstellung, und niemand soll dich deswegen schlecht
einschätzen. Aber warum bist du so intolerant zu der "westlichen Frau", wieso darf sie
nicht nach ihren Vorstellungen glücklich werden, auch wenn diese deiner
Sicht von Anstand und Moral widersprechen?
Du schreibst: "übrigens, die Männer unterdrücken ihre Frauen nicht, im
Gegenteil es herrscht im Normalfall ein freundlicher, respektvoller Ton zwischen
de Geschlechtern."
Niemand hat behauptet, dass in muslimischen Staaten grundsätzlich Frauen
unterdrückt werden. Aber gilt deine Aussage auch für Staaten wie z.B. das
Afghanistan der Taliban?
Du schreibst: "Jeder Mensch hat das Recht auf seine Kultur,Sitten und
Bräuche, Ausübung seiner Religion etc."
Schön geschrieben, aber unglaubwürdig, wenn du dann die von dir bevorzugte
Kultur, Sitten und Gebräuche als Ideal darstelllst und schreibst: "denn es
scheint, dass uns aus den USA lediglich Erungenschaften wie
Gewalt,Krieg,Hass,Unterdrückung anderer Rassen,Drogen, zerbrochene Familen, Fast Food,
Arbeitslosigkeit und anonymer, schneller Sex als erstrebenswerte Weltanschauung
vermittelt wird."
Das ist deine Sicht, die aber jede Spur von der von dir einen satz vorher
selbst geforderten Toleranz vermissen lässt.
Du schreibst: "Viele Tränen habe ich geweint über die Verbissenheit und
Intoleranz meiner deutschen Mitmenschen, die sich an meiner "ausländischen" Musik
störten, an meinem Essen, die meine Familie die zu Besuch kam im Wohnhaus
als Kanaken bezeichnete, uns als faul,zurückgeblieben und dumm abstempelte."
Ich finde deine Angriffe in dieser radikalen Form erstaunlich. "Ausländische
Musik" kann ja nur dann stören, wenn man sie ungewollt mithören muß. Und
dann stört auch "inländische Musik", die man nicht mag. In welcher Situation kam
es denn zu diesen Beschwerden? "Ruhestörung" ist sicherlich ein allgemeines
Problem in westlichen Kulturen, bzw. wenn Kulturen mit unterschiedlichen
Gebräuchen aufeinandertreffen. Im Zweifelsfalle ist wohl der Gast dazu
aufgerufen, Rücksicht auf die Bräuche im Gastland zu nehmen. Oder würdest du es
begrüßen, wenn Menschen aus den Westen bei Besuchen in muslimischen Ländern keine
Rücksicht auf dortige Bekleidungssitten usw. nehmen würden?
Ich lebe im Ruhrgebiet, es gibt hier viele Türken, viele türkische
Restaurants, auch arabische, chinesische, thailändische, spanische, italienische usw.
Du kannst kaumm allen ernstes behaupten, "die Deutschen" würden
fremdländische Speisen ablehnen.
Du schreibst: "Das ist die Gastfreundschaft in Deutschland, alles was als
fremd anmutet wird verurteilt und kategorisch abgelehnt."
Sicherlich gibt es hier in Gran Canaria auch einige uneinsichtige Holzköpfe,
doch die Mehrzahl der Menschen akzeptiert alle guten Menschen egal woher sie
kommen, welche Religion sie ausüben oder wie sie sich kleiden."
Tut mir leid, aber das ist für mich Rassismus pur. Die bösen Deutschen und
die guten Canarios. Welch ein Unsinn. In Deutschland wie fast überall in der
Welt sind Rassisten eine Minderheit, was sich z.B. auch bei demokratischen
wahlen zeigt. Diese Minderheit gibt es leider auch in Deutschland, aber leider
auch überall in der Welt.
Du schreibst: "Ein Kopftuch ist ein Kleidungsstück, weiter nichts, und Du
fühlst Dich bedroht von einem Stück Stoff!!!"
Auch wenn ich deine Kritik an Ablehnung von Kopftüchern verstehen kann, hier
machst du es dir zu einfach. Es geht eben nicht um das Stück Stoff, sondern
um ein Symbol. Es geht um das, wofür das Kopftuch steht.
Du schreibst: "Wie schön könnte die Welt sein wenn wir lernen könnten mit
Achtung, Respekt und Liebe miteinander umzugehen, denn ich glaube das ist was
Gott von uns fordert. Ich bete für Frieden in der Welt."
Ich lasse das mal einfach so stehen, nur mit der Anmerkung, dass es hierbei
um *alle Menschen* gehen sollte, und pauschale Einteilungen in Muslime,
Christen, Canarios, Deutschen, westlichen Kulturen usw. den Traum dieser schönen
Welt verhindern.
|
|
Hintergrund/Debatte
𝐌𝐞𝐢𝐧 𝐀𝐮𝐬𝐭𝐫𝐢𝐭𝐭 𝐚𝐮𝐬 𝐝𝐞𝐫 𝐂𝐃𝐔: 𝐄𝐢𝐧𝐞 𝐄𝐧𝐭𝐬𝐜𝐡𝐞𝐢𝐝𝐮𝐧𝐠 𝐝𝐞𝐬 𝐆𝐞𝐰𝐢𝐬𝐬𝐞𝐧𝐬 - Aladdin Beiersdorf-El Schallah, Stv. Vorsitzender ZMD-NRW, Stadtverordneter Sankt Augustin und ehemlaige dortige Fraktionsvorsitzender erklärt detailliert seine Beweggründe ...mehr
Extreme bis extremistische Einstellungen in Deutschland auf dem Vormarsch mit Spiegelung in der Politik und Medien ...mehr
Langes KNA-Interview: Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Muslime über sein Amt ...mehr
Bochum ehrt Ahmed Aweimer zum 70. Geburtstag ...mehr
Aiman Mazyek kommentiert das Verbot der Imam Ali Moschee: "Blaue Moschee - Islamisches Zentrum in Hamburg ...mehr
Der Koran – 1400 Jahre, aktuell und mitten im Leben
Marwa El-Sherbini: 1977 bis 2009
|