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Leserbriefe

Montag, 15.10.2001



J.H.Schmitt schrieb:


Liebe Forumleser, liebe Redaktion,

als müßten die Muslime weltweit nicht schon genug Provokationen erdulden, so wird nun auch der Literaturnobelpreis an einen bekennenden Verächter des Islam vergeben.

Ich selbst habe zwar die Bücher von V.S.Naipaul gelesen und würde ihm jederzeit eine beeindruckende literarische Qualität bezeugen, dennoch tat ich es, um überhaupt etwas über die Länder zu erfahren, die er beschreibt.

Schon früh fiel mir auf, daß er eine besondere Abscheu gegenüber islamischen Ländern und Kulturen hegte, die ihn zwar faszinierten, aber dies doch eher durch aus seiner Sicht kulturelle Minderwertigkeit. Wer seine Werke kennt, wird dies nicht leugnen können; zwar ist er als gebürtiger Hindu auch gegenüber dieser seiner Geburtskultur abweisend, aber die Skizzen über indische Muslime oder seine Reise in die islamischen Staaten läßt eine starke Herablassung gegenüber dem Islam und seinen Anhängern erkennen.
Naipaul ist klug genug, dies immer wieder durch ihm nahestehende positive Einzelcharaktere zu verbergen, aber nie verläßt er dabei den Blickwinkel des "zivilisierten" Briten gegenüber dem "edlen Wilden".

Daß ein in seiner kulturellen Identität so sehr gestörter, und dadurch zu Arroganz verführter Autor, nun den Nobelpreis für Literatur erhält, ist nicht nur eine Beleidigung der Muslime, sondern aller Völker, die von der angelsächsisch-protestantischen Weltordnung bedrängt werden (dies zu einem gewissen Maß auch wir Deutschen); denn dieser Autor, Naipaul, hat sich vom Kolonialisierten zum Kolonialherren aufgeschwungen, so sehr hat er sich von der britischen Dominanz-Kultur vereinnahmen lassen (fast schon ist das böse Wort vom "Uncle Tom" angebracht).

Dies klingt vielleicht nach der Rhetorik der sechziger Jahre (zufällig auch der Hauptzeit von Naipauls Schaffen), aber ist doch angesichts der bevorstehenden Re-Kolonisierung z.B. Afghanistans sehr aktuell.

J.H.Schmitt