Leserbriefe Dienstag, 13.05.2003 |  Drucken

Leserbriefe



Silvia: Bernds Frage n. d. Widerspruch zw. Islam u. Muslimen schrieb:



Salam und Hallo,

Dass es zwischen den Lehren einer Religion und der Praxis ihrer Anhänger Widersprüche gibt, sollte einen Christen (ich nehme mal an, dass Sie ein solcher sind) nicht verwundern. So wie es diesen Widerspruch im Christentum (am aktuellsten heute wohl in Person des amerikanischen Präsidenten und seines Anhangs) gibt, gibt es ihn auch im Islam und in jeder anderen Religion.

Wenn man die Geschichte betrachtet, sollte man allerdings nicht nur Einzelheiten betrachten, sondern das Gesamtbild im Blick haben.
Im Osmanischen Reich fanden im Laufe seiner Geschichte zahlreiche Minderheiten Zuflucht, die im christlichen Europa verfolgt wurden: Juden aus Spanien, die unter muslimischer Herrschaft dort friedlich leben konnten, aber nach der Reconquista grausam verfolgt wurden (ebenso wie die Muslime), Calvinisten aus Ungarn, Protestanten aus Schlesien, Altgläubige aus Rußland. Eine nennenswerte Fluchtbewegung in die andere Richtung gab es übrigens nicht. Dass im Osmanischen Reich Christen nicht verfolgt wurden, zeigt die Tatsache, dass nach dem Rückzug vom Balkan die dortigen christlichen Völker mit ihren Sprachen, Kulturen, Konfessionen und zum Teil auch Institutionen noch intakt waren.
Die Toleranz des osmanischen Reiches wurde deshalb unter anderem von Voltaire, der sie der intoleranten Praxis der katholischen Kirche im Frankreich des 18. Jahrhunderts gegenüberstellte, sehr bewundert (Traité sur la tolerance).

Andere Fragen sind die, warum in Südspanien oder Sizilien keine Muslime überleben konnten, warum orthodoxe Serben zu Tausenden bosnische Muslime umbrachten, warum Rußland (orthodoxe Christen, wenn man so will) die muslimischen Tschetschenen vom 19. Jahrhundert bis heute verfolgt, warum ein gewisser Herr Bush (Methodist) muslimische Länder zerbombt, um mal von Palästina gar nicht zu sprechen ...

Man sieht also: Widersprüche zwischen Theorie und Praxis und Mißbrauch gibt es in jeder Religion, das scheint leider etwas Menschliches zu sein. Und Muslime leiden heute vielleicht am meisten unter diesen Widersprüchen, wie die genannten Beispiele zeigen - das wird in dieser Debatte häufig vergessen.



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