Leserbriefe Sonntag, 18.01.2004 |  Drucken

Leserbriefe



Asma Rieken: Das Kopftuch als "Glaubensbekenntnis, als missionarisches Textil" ? schrieb:



Warum ist das Kopftuch als "Glaubensbekenntnis, als missionarisches Textil" zu bezeichnen. Das Kopftuch ist für mich eine Selbstverwirklichung. Ich habe nicht das Bedürfnis, meine Mitmenschen dazu zu bewegen, es ebenfalls zu tragen. Jeder Mensch ist frei, und dies wird uns allen auch laut der internationalen Menschenrechten zugesprochen : wir haben in den demokratischen Ländern Recht auf Glaubensfreiheit, zu dieser gehört auch das Tragen des Kopftuches. Nehmen wir doch Länder wie Tunesien, in denen das Tragen des Kopftuches verboten ist. Man fragt nie warum. Man ist einfach davon überzeugt, es handle sich um einen zivilisierten Akt, um eine Annäherung an westliche Werte. In Wirklichkeit geht es aber um Unterdrückung, Machtmissbrauch, Freiheitsberaubung, Einschränkung der Glaubensfreiheit, Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit usw. In Tunesien werden die Menschen kontrolliert, beobachtet, ausspioniert.... Ist jemand verdächtig, d.h. er geht in die Moschee, betet und trägt vielleicht das Kopftuch oder einen Bart, so wird er auf irgend eine Weise unterdrückt. Teilweise direkt mit Gefängnisstrafen (und Vergewaltigung) oder etwa täglicher Meldepflicht bei der Polizei oder indirekt mit irgendwelchen Nachteilen für Familienangehörige sei es im Schulbereich oder bei der Arbeit.

Sollen, wollen die demokratischen Länder mit solchen Handhabungen verglichen werden? Wozu Demokratie, wenn man sie über den Haufen wirft, sobald es Unstimmigkeiten gibt? Sollen nicht gerade Minderheiten durch Demokratie geschützt werden? Wie kann ein Textil soviel Einfluss auf die Mitmenschen haben, dass man es verbieten muss?

Asma Rieken


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