Unter dem Decknamen „Caesar“ machte ein syrischer Militärfotograf tausende Aufnahmen gefolterter Menschen aus syrischen Gefängnissen der Öffentlichkeit zugänglich. Der Dokumentarfilm zeigt das Ausmaß der Verbrechen des Regimes
Es handelt sich bei "The Lost Souls Of Syria" um eine bewegende Dokumentation, die unter die Haut geht. Dem Zuschauer wird einiges abverlangt. Man hat es u. a. mit Folterszenen und Hinrichtungen zu tun. In vielen Fällen reichen Gespräche zu diesem Themenkomplex schon aus, um den Zuschauer in Beklemmung zu versetzen.
In "The Lost Souls Of Syria" tritt der international bekannte Whistleblower mit dem Codenamen Caesar zum ersten und bisher einzigen Mal vor die Kamera. Außerdem gewähren die Mitwirkenden des syrischen Aktivismus zusammen mit internationalen Menschenrechtlern einen Blick hinter die Kulissen ihrer Arbeit.
27.000 Fotos von zu Tode gefolterten zivilen Gefangenen wurden von einem militärischen Überläufer mit dem Codenamen Caesar aus den Geheimarchiven des syrischen Regimes gestohlen und öffentlich gemacht. Beweise, aussagekräftiger als das, was man gegen die Nazis in Nürnberg in der Hand hatte. Regisseur Stéphane Malterre und Ko-Autorin und Fachberaterin Garance Le Caisne untersuchten, inwieweit sich die internationale Justiz als unfähig erweist, den kriminellen syrischen Staat zu verfolgen.
Regisseur Stéphane Malterre und Ko-Autorin Garance Le Caisne
Kampf um Gerechtigkeit
Da der Fall zum Vergessen verurteilt zu sein scheint, geben Angehörige der Opfer, Aktivisten und Caesar nicht auf. Auf eigene Faust suchen sie vor nationalen Gerichten in Europa weiter nach Wahrheit und Gerechtigkeit. Ihr Kampf und ihre über fünf Jahre aus beispielloser Nähe gefilmten Ermittlungen werden schließlich zum ersten Prozess gegen hohe Beamte der syrischen Todesmaschinerie führen.
Am 30. Januar fand die Deutschlandpremiere von "The Lost Souls Of Syria" in Berlin statt. Die Filmschaffenden Stéphane Malterre und Garance Le Caisne nahmen persönlich daran teil. Anwesend waren auch Angehörige von Ermordeten oder Verschollenen. Bis heute verschwinden in den Straßen des zerschundenen Syriens Menschen spurlos.
Was die Angehörigen berichtet hatten, war leider nicht Bestandteil eines Spielfilms, sondern die grausame Realität. Diese Realität endet nicht nur an der Staatsgrenze Syriens. Der Film belegt auch, wie schwer es ist, im westlichen Europa eine Justiz zu finden, die sich für zuständig erklärt. Mancher Staat in der EU will sich mit den syrischen Machthabern wohl nicht anlegen und wimmelt Ermittlungen gegen syrische Folterer und Mörder ab. Das geschieht selbst dann, wenn Opfer zwei Pässe besitzen sollten und neben der syrischen Staatsangehörigkeit auch die Staatsangehörigkeit eines EU-Landes aufweisen können.
"The Lost Souls Of Syria" weist eindrucksvoll auch daraufhin, dass manche westliche Staaten wohl ihren obersten Gerichten angeordnet haben: Weggucken ist angesagt.
Daher sollte die Bevölkerung in unseren Breitengraden die Möglichkeit nutzen, diesen unter die Haut gehenden Film sich anzuschauen. In anderen Staaten fällt dieser Dokumentarfilm der Zensur zum Opfer. Die Wahrscheinlichkeit ist auch sehr hoch, dass in den Unrechtsstaaten Filmverleiher und Zuschauer spurlos verschwinden würden.
Die französischen Filmschaffenden Stéphane Malterre und Garance Le Caisne haben 2022 den Film "The Lost Souls Of Syria" produziert. Der Film hat eine Länge von fast 100 Minuten. Seit dem 2. Februar ist der Film in den deutschen Kinos zu sehen. (Text: Volker-Taher Neef)
KW: Syrien, The lost souls of Syria, Stéphane Malterre und Garance Le Caisne, Nürnberg