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Donnerstag, 21.12.2023 | Drucken |
Nahost-Krieg: (Getötete)Deutsch-Israelis und Deutsch-Palästinenser sind vor dem Gesetz gleich
Menschenrechtsorganisationen beklagen Widerspruch, so in einem SZ-Bericht, dass der Generalbundesanwalt in einem Falle ermittelt, aber im anderen nicht
Am 25. Oktober verloren sechs Mitglieder der Abujadallah-Familie in ihrem eigenen Wohnzimmer durch israelische Bomben ihr Leben. Es handelte sich um den ersten öffentlich bekannten Fall, bei dem deutsche Staatsbürger in Gaza Opfer eines israelischen Angriffs wurden. In dieser Woche haben Juristen der internationalen Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) mit Sitz in Berlin einen Brief an den Generalbundesanwalt in Karlsruhe geschickt. In diesem fordern sie strafrechtliche Ermittlungen aufgrund mutmaßlicher Verstöße gegen das Völkerstrafrecht. Sie sehen "klare Hinweise auf Kriegsverbrechen", die unter das deutsche Völkerstrafgesetzbuch fallen. Derzeit ermittelt der Generalbundesanwalt im Fall des Hamas-Angriffs, bei dem die deutsch-israelische Staatsbürgerin Shani Louk getötet wurde. Die Pressesprecherin des Generalbundesanwalts teilte gegenüber Süddeutschen Zeitung (SZ), der am heute darüber berichtete, dass es im Fall der Familie Abujadallah keine Hinweise auf eine Straftat in der Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft gebe. Stattdessen prüft derzeit die Staatsanwaltschaft Dortmund den Sachverhalt in Bezug auf ein Todesermittlungsverfahren, wie es aus Karlsruhe hieß.
Die Unterscheidung zwischen den beiden Fällen ist für die Juristen des ECCHR nicht nachvollziehbar. Andreas Schüller, Programmleiter für Völkerstraftaten, äußerte sich dazu in einem Gespräch mit der SZ und betonte, dass es zwar richtig sei, dass der Generalbundesanwalt aufgrund der Vorkommnisse am 7. Oktober in Israel, bei denen auch deutsche Staatsangehörige getötet und entführt wurden, Ermittlungen eingeleitet habe. Doch er hält es gleichermaßen für notwendig, dass der Generalbundesanwalt Ermittlungen zu den Todesumständen der deutsch-palästinensischen Familie Abujadallah aufnimmt. Schließlich handelt es sich in beiden Fällen um Zivilpersonen, die Opfer eines bewaffneten Konflikts wurden. Aus diesem Grund sollten die Ermittlungen gemäß dem Völkerstrafgesetzbuch durchgeführt werden, so Schüller. Er betonte, dass deutsche Strafverfolgungsbehörden dazu verpflichtet sind, bei der Tötung von Zivilpersonen unvoreingenommen zu ermitteln. Eine ungleiche Gewichtung der Fälle würde das Prinzip der Gleichbehandlung vor dem Gesetz untergraben. Die Ansicht der Bundesanwaltschaft, dass im Fall der Familie Abujadallah keine Hinweise auf Verstöße gegen das Völkerstrafgesetzbuch vorliegen, kann Schüller nicht nachvollziehen. Es geht um die Gleichheit vor dem Gesetz, und daher sind breit angelegte strukturelle Ermittlungen erforderlich. Die Hoffnung besteht darin, dass das Recht für alle Betroffenen gleichermaßen durchgesetzt wird.
Die Organisation ECCHR bemüht sich seit Jahren darum, Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen, selbst wenn mächtige Staaten involviert sind. Im Jahr 2004 reichte ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck im Namen von vier irakischen Folteropfern in Deutschland Strafanzeige ein. Diese Anzeige erregte viel Aufmerksamkeit, da sie sich unter anderem gegen den damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld richtete. Das ECCHR warf der US-Führung vor, in den Militärgefängnissen Guantánamo und Abu Ghraib gegen das Völkerrecht und die UN-Folterkonvention verstoßen zu haben. Die Strafanzeigen stützten sich auf das in Deutschland verankerte Weltrechtsprinzip. Dieses Prinzip ermöglicht die Verfolgung schwerster Verbrechen, auch wenn sie in anderen Ländern begangen wurden. Es handelt sich übrigens nicht um den ersten Fall aus Gaza, der die Juristen des ECCHR beschäftigt. Im Jahr 2009 lehnte der damalige Generalbundesanwalt Kay Nehm die Anzeige gegen Rumsfeld ab, kurz bevor dieser zur Münchner Sicherheitskonferenz kommen wollte. Damals sah der UN-Sonderberichterstatter Leandro Despouy die Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft in Gefahr.
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Hintergrund/Debatte
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