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Leserbriefe

Samstag, 07.10.2006



Ahmad Peter Kreusch schrieb:
Wir müssen dem Papst helfen!

Das vom Papst in seiner Regensburger Ansprache verwendete Zitat des byzantinischen Kaisers hat nicht nur Muslime irritiert. Viele Islamkritiker, Christen und Nichtchristen scheinen die Ansicht des mittelalterlichen Kaisers über den Islam und seinen Propheten zu teilen. Sie glauben anscheinend, der Papst habe das Zitat verwendet, um den Muslimen „die Meinung der Christenheit zu sagen“. Inzwischen hat der Papst zwar geäußert, das Zitat stelle nicht „seine persönliche Meinung“ dar, aber es bleibt weiterhin unklar, warum er es dennoch benutzt hat. Hierin liegt eine große Chance. Der Papst sollte noch ein paar weitere klärende Worte hinzu fügen und damit das Tor zum Dialog, das seine Vorgänger Johannes-Paul II. und vor allem Johannes XXIII. mutig aufgemacht haben, endgültig weit öffnen.

Zum Beispiel so:

„Ich habe das Zitat des byzantinischen Kaisers verwendet, um zu zeigen, welche Meinung die Christenheit im Mittelalter über den Propheten Muhammed – Friede auf ihm- gehabt hat. Diese Meinung ist nicht nur historisch und inhaltlich falsch, sondern noch dazu beleidigend und überheblich. Der Kaiser Manuel in Konstantinopel wollte offensichtlich provozieren. Blind vor Neid und Hass konnte er einfach nicht eingestehen, dass der islamische Orient durch die kulturellen, humanen und zivilisatorischen Impulse, die der Prophet mit seiner Religion in die Welt gebracht hat, längst dem römischen Imperium im Westen überlegen war, Errungenschaften, die selbst in der Zeit der politischen Auseinandersetzung zwischen Islam und Christentum bestehen blieben, sodass auch das Christentum davon profitieren konnte. Leider ist diese Erkenntnis bis heute noch nicht bei allen Christen angekommen. Deshalb bitte ich alle meine christlichen Brüder und Schwestern, sich von der Meinung des byzantinischen Kaisers zu los zu sagen. Es ist falsch und beleidigend, zu sagen, dass der Prophet „ nur Schlechtes und Inhumanes, zu deutsch: Unmenschliches (!), gebracht hat und zur Verbreitung der Religion mit dem Schwert“ aufgerufen haben soll. Solange noch diese Meinung und Haltung bei Christen anzutreffen ist, auch nur in Teilaspekten, ist jede Aufforderung zum Dialog Heuchelei.“

So ähnlich könnte der Papst reden und damit den Fehler der Ungenauigkeit in positive Klarheit verwandeln.

Auch das Thema „Vernunft als zentrale Motivation für die Ausbreitung des Glaubens“ könnte der Papst am Beispiel des Islam sehr schön demonstrieren. Entgegen der heute immer noch anzutreffenden Meinung, der Islam habe sich mit Gewalt ausgebreitet, zeigen die geschichtlichen Fakten ein völlig anderes Bild. Die rasante Ausbreitung des Islam vor allem in den Sklavenhalterstaaten Zentralasiens mit ihren Gottkönigen und Kastensystemen geschah durch die humane Botschaft der Gleichheit aller Menschen vor Gott, eine echte „frohe Botschaft“, die für alle bis dahin Rechtlosen jetzt Wirklichkeit werden konnte. Ebenso kam der Islam im 7. Jh. in die Länder Kleinasiens und Nordafrikas als Befreier für die dortigen Völker, die größtenteils nicht römisch-katholische, sondern koptische, arianische, nestorianische u. a. Christen waren und die hundert Jahre vorher unter Justinian mit Gewalt „heim ins Heilige Römische Reich“ gezwungen wurden. Islamische Herrscher schützten diese christlichen Gruppierungen, sodass sie bis heute überleben konnten. Auch diese Tatsachen, die dem Papst sicherlich bekannt sind, sollte endlich richtig dargestellt werden.