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Donnerstag, 12.06.2025
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Historische Chance für Frauen nach dem Sturz AssadsKriege gegen die Bevölkerung hat die Geschlechterrollen in der Gesellschaft unbeabsichtigt verändertAm 4. März 2025 erschien ein Artikel von Lina Khatib auf culturalrelations.ifa.de, der das Schicksal syrischer Frauen im Wandel nach dem Fall des Assad-Regimes beleuchtet dieser Beitrag. Der Sturz von Baschar al‑Assad im Dezember 2024 markiert einen Wendepunkt: Syrerinnen erhalten erstmals reale Perspektiven auf mehr politische Teilhabe, juristische Gleichstellung und gesellschaftlichen Wandel. Während der über 50 Jahre währenden Herrschaft der Assads blieb die Rolle der Frauen in der Politik weitgehend symbolisch. Zuletzt lag ihr Anteil 2024 bei lediglich 12 % in der Exekutive und 10 % im Parlament. Prominente Frauengestalten – wie Vizepräsidentin Najah al‑Attar (seit 2006) oder die kurz amtierende Parlamentspräsidentin Hadia Khalaf Abbas (2016) – wurden eher als Feigenblatt eingesetzt, denn als echte Machtfaktoren. Selbst Beraterinnen wie Bouthaina Shaaban galten als Propagandainstrumente, nicht als politisch unabhängig Asma al‑Assad hingegen spielte eine zentrale Rolle – über Wirtschafts‑ und Hilfsorganisationen übte sie faktisch Einfluss aus und war tief in Korruptionsstrukturen verstrickt. Doch der internationale Konflikt hat die Machtstrukturen erschüttert – nicht nur im Winter 2011, als Frauen im Untergrund den Aufstand mittrugen. Kriege gegen die Bevölkerung durch das Assad-Regime hat die Geschlechterrollen in der Gesellschaft unbeabsichtigt verändert. Da viele Männer getötet, vermisst oder eingezogen wurden, haben Frauen zunehmend Aufgaben übernommen, die traditionell Männern vorbehalten waren. Viele von ihnen sind zu Hauptverdienerinnen und Familienoberhäuptern geworden, eine Entwicklung, die ihnen mehr Autonomie und Sichtbarkeit im öffentlichen Leben verschafft hat. Diese Entwicklungen markieren erste positive Rechtsreformen im fragilen Umfeld regionaler Instabilität. In der neuen Übergangsregierung gibt es auch erste Fortschritte: Aisha al‑Dibs wurde zur Leiterin des Büros für Frauenangelegenheiten ernannt – ein Novum. Allerdings sorgte ihre Aussage, feministische Organisationen seien für steigende Scheidungsraten verantwortlich, für Kontroversen ebenso historisch ist die Berufung von Masyaa Sabreen zur Gouverneurin der syrischen Zentralbank – sie ist damit die erste Frau auf diesem Posten in der arabischen Welt. Zudem arbeiten zwei Frauen, Hind Kabawat und Houda Atassi, im Vorbereitungsteam für die Nationale Dialogkonferenz im Februar 2025 mit Trotz dieser Erfolge bleibt die Vertretung von Frauen in Regierung und Verwaltung ausbaufähig. Aktivistinnen warnen, dass tief verwurzelte patriarchale Strukturen und dringende wirtschaftliche sowie sicherheitspolitische Herausforderungen Fortschritte blockieren könnten. Fazit: Der Sturz des Assad-Regimes eröffnet syrischen Frauen erstmals eine realistische Perspektive auf Gleichstellung und politische Mitsprache. Die neuen Ämter und regionalen Modelle bieten Hoffnung – doch die gesellschaftlichen Widerstände sind massiv. Ob diese historische Chance genutzt wird, hängt davon ab, wie konsequent Reformen umgesetzt und patriarchale Strukturen aufgebrochen werden. |