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Dienstag, 12.12.2006

Leserbriefe



J. L. schrieb:
Leserbrief zu: Der äußere Schein muss stimmen oder: Wo die Muslime heute stehen. Von Ali Boujataoui


Der Artikel von Herr Boujataoui ist für mich leider sehr enttäuschend.
Nicht auf Grund der sprachlichen Ausgestaltung, noch auf Grund all seiner Inhalte.
Vielmehr ist es die Überheblichkeit, mit der bestimmte Überzeugungen oder zumindest Handlungen die aus Überzeugung geschehen abgetan werden.
Dass gerade den von Her Boujataoui angegriffenen Gruppierungen des Islam stets mangelnde Toleranz und ein zu harscher Ton vorgeworfen wird, rechtfertigt nicht den angeschlagenen überheblichen Ton eines Mannes, der glaubt die bessere Erkenntnis gefunden zu haben. Bei allem Respekt für die sich im Rahmen des Erlaubten befindlichen Gruppen im Islam, so ist es doch
mehr als verständlich, dass jeder dem Weg folgt, der ihm einleuchtet. Dies ist keine Frage von Vernunft, sondern von Argumentation. Mit welchen
profunden religiösen Argumente kann ein Herr Boujatoui aufwarten? Womit rechtfertigt er seinen Angriff auf Millionen von Muslimen, die mehr oder
weniger als entweder nicht wirklich überzeugt oder geistig scheinbar minderbemittelt dargestellt werden?

Natürlich nicht explizit, das gehört sich ja für Muslime nicht. Vom hohen Ross des Fortschritts mit dem Schwerte der Vernunft schlagend scheint es mehr als angemessen diese geistige Unterschicht, die sich durch Hosen bis über die Knöchel kennzeichnet, einen Kopf kürzer zu machen.
Doch scheinen die Mittel des Reiters dazu nicht ausreichend.
Denn ich sehe in der Argumentation lediglich historische und soziologische Ansätze, keine der Religion. Doch die religiösen Argumente sind die
ausschlaggebenden, die anderen sind schlichtweg nicht das Maß in religiösen Angelegenheiten.
Und angenommen es wäre so, dass Soziologie und Geschichte entscheidend wären, dann sei mit ein Verweis auf die europäische Geschichte gestattet:
Bis zur Reformation gab es hier in Deutschland eine Wahrheit. Herrscher und Religion waren einheitlich zu einem Weltbild zusammengefasst, doch diese Einheit zerbrach mit dem Einzug der vermeintlichen Vernunft.
Sie zerbrach damit, dass das Individuum und der Geist aus den Fesseln der Gesellschaft befreit werden sollten.

Auf einmal wahr die Wahrheit nicht mehr absolut, und es gab zwei Wahrheitsansprüche - den katholischen und den lutheranischen. Die
Entwicklung kennen sie, Religionskriege mit Bevölkerungsrückgang um 50% und die ruhmreiche Befriedung durch moderne Staatlichkeit. Staatlichkeit frei von Wahrheitsansprüchen.
Der Staatsbegriff in diesem Sinne, auf den Herr Boujataoui auch mit dem Begriff Rechtsstaat Bezug nimmt, ist mit Vorsicht zu genießen. Den nach der
westlichen Staatslehre ist ein zentrales Merkmal dieses Staates Säkularität.
Und auf einmal sind die eigenen Philosophen wie ein Herr Nietzsche der Überzeugung, dass Gott tot sei. Und richtig erkennt man dabei, dass die Mörder in den eigenen Reihen sind. Mit dem Gebrauch der Vernunft und der Skepsis wurde der christliche Gott entthront und von moderner Staatlichkeit abgelöst. Heutzutage wird der Staat selbst von der Individualität des einzelnen überholt. Der Mensch will sich nicht mehr einfach unterordnen, jeder ist sein eigener Herr.

Jeder kann sich einen eigenen Glauben basteln und somit gleichzeitig dank patch-work Katholizismus ein guter Gläubiger, skrupelloser Geschäftsmann und gleichzeitig fürsorglicher Familienvater
sein. Es gibt weder Einheit noch Wahrheit, wenn man sich einmal auf diesen gefährlichen Weg gewagt hat, dafür erlangt das eigene Ich aber immense Bedeutung.
Wollen wir also diesen Weg einschlagen? Sollen wir gar diesen Weg einschlagen? Die Annahme, die menschliche Vernunft würde vor einer Verstümmelung der Wahrheit halt machen, scheint
doch mehr als naiv. Der menschliche Geist neigt, wenn er denn nicht immer wieder kontrolliert und korrigiert wird, zu Größenwahn und dazu, sich selbst zu erhöhen. Der eigene Verstand und seine Ausgeburten sind dem einzelnen schnell als Errungenschaft "heilig".

Nach meinem Empfinden sollte eine solche Frage also nicht von Nichtislamgelehrten beantwortet werden, seien es Muslime oder Nichtmuslime. Einer Empfehlung des Vernunftgebrauchs pflichte ich gerne bei, aber bitte nur in einem gesunden Rahmen. Wir brauchen keine Aufklärer, die uns das Rad neu erfinden. Die beste Gesellschaft, wie Herr Boujataoui ansprach, war zur Zeit des Propheten Muhammad, salallahu 'alayhi wa salam, und nicht zu Zeiten der sogenannten "Islamischen Hochkultur", als frei aus dem Bauch heraus philosophiert und diskutiert werden konnte. Dies dürfen wir nicht vergessen, denn wir führen ein großes Erbe fort.
Lasset uns also am Seil von Allah und am Beispeil seines Propheten, salallahu 'alayhi wa salam, festhalten bis zum Jüngsten Tag.


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